Wie jedes Unternehmen sinnvolle Arbeit ermöglichen und die Motivation ihrer Mitarbeiter:innen steigern kann, statt sich (krampfhaft) auf die Suche nach dem Sinn zu machen.
Viele Unternehmen scheinen gerade auf dem Suche nach ihrem Sinn zu sein. Auch wenn sie das dann meistens Purpose oder Mission nennen. Das Ergebnis – mal so, mal so. Was auch daran liegt, dass es leichter ist, die Arbeit im Krankenhaus für sinnvoll zu halten als die bei einem Hedgefonds. Dennoch erwarten das viele Mitarbeiter:innen heute einfach: sinnvolle Arbeit. Egal in welcher Branche, egal in welcher Position.
Man kann das ja auch nachvollziehen: Einen guten Teil unserer wachen Zeit verbringen wir mit Arbeit. An einem normalen Wochentag ist es sogar die Hälfte. Wer will schon seine Zeit mit etwas Sinnlosem verbringen?
Mitarbeiter:innen ist das übrigens auch durchaus etwas wert: 50% der Arbeitnehmer:innen wären bereit, auf Gehalt zu verzichten, wenn sie dafür einen Job mit höherer Sinnhaftigkeit bekämeni. Jeder Zehnte wäre bereit, für eine sinnstiftende Arbeit den Job zu wechseln.
Warum sinnvolle Arbeit auch für Arbeitgeber Sinn macht?
Sinnvolle Arbeit – das ist nicht nur ein Wunsch verwöhnter Millenials. Im Gegenteil, dieser Wunsch zieht sich durch alle Altersklassen. Aber für Unternehmen vielleicht wichtiger ist das Folgende:
- größere Zufriedenheit mit der Arbeit
- mehr Commitment zu ihrer Organisation
- einen geringeren turn-over
- einen geringeren Wunsch, das Unternehmen zu wechseln
Nein, das ist keine Wunschliste. Sondern das Ergebnis als sinnvoll erachteter Arbeit, wie diverse Studienii, iii, iv zeigen. Also los, an die Sinnsuche. Oder?
Sinn suchen, finden oder machen?
Seien wir ehrlich: Es kann nicht jedes Produkt, jede Dienstleistung oder jedes Unternehmen die Welt retten. Die Sinnhaftigkeit der Arbeit für ein Krankenhaus liegt auf der Hand, aber was ist mit Arbeit für den Weltmarktführer von Stabmattenzäunen (wobei: good fences make good neighbours und so…).
Es können halt nun mal nicht alle im Emergency Room arbeiten und Lebensretter sein. Wollen vielleicht auch nicht alle. Ist also sinnvolle Arbeit gar nicht für alle möglich? Gibt es reine „Broterwerbsaugenzuunddurchjobs“? So einfach ist das Gottseidank nicht. Es lohnt einen genaueren Blick darauf zu werfen, was sinnvolle Arbeit ist bzw. wo der Sinn bei der Arbeit eigentlich her kommt. Dabei kann man unterscheiden, ob die Sinnhaftigkeit einer Arbeit von außen oder innen bestimmt wird.
Sinn von außen: Die Arbeit wird gesellschaftlich als sinnvoll anerkannt, weil sie dem Gemeinwohl dient.
Hierzu gehört alles, was in unserer Gesellschaft unbestreitbar als sinnvolle Arbeit angesehen wird: Pflege- und Sozialberufe, Lehrer:innen, Feuerwehr, Katastrophenhelfer:innen und so weiter. Kein vernünftiger Mensch würde bestreiten, dass all dies äußerst sinnvolle Arbeit ist. Der gemeinsame Nenner: Sie dient klar dem Gemeinwohl. Viele Unternehmen versuchen auf ihrer Suche nach Purpose ebenfalls einen Stück von diesem Sinn abzubekommen. Aber ein Rasenroboter-Hersteller, der sich rühmt ihnen Lebenszeit zu schenken … nun ja.
Sinn von innen: Menschen erfahren ihre Arbeit als Berufung
Berufung bedeutet nichts anderes als, dass die eigene Arbeit als sinnvoll erfahren wirdv. Und Berufung kommt aus dem Menschen selber. Praktisch jede ethisch vertretbare Arbeit kann für Menschen zur Berufung werden. Unabhängig von Unternehmen oder Position. Vielleicht kann man es am besten wie folgt beschreiben: Personen, mit einer Berufung verstehen ihre Arbeit eher als einen Sinn des Lebens statt als reinen Broterwerbvi.
Und hier wird es wirklich spannend: Unternehmen können eine Menge tun, dass Mitarbeiter:innen ihre Arbeit als Berufung erfahren.
Mancher wird jetzt einwenden: Berufung statt Sinn, okay? Aber wo nehme ich die nun wieder her? Wie findet man seine Berufung? Gute Frage. Auf die es aber eine noch bessere Antwort gibt: Mehrere Studien haben gezeigt, dass es eine Korrelation gibt zwischen dem Einsatz der eigenen Top-Stärken und wie sehr Menschen ihre Arbeit als Berufung verstehenvii viii. Kann es also so einfach sein: Wenn ich meine Top-Stärken einsetze, wird mein Job zur Berufung?
Eine Studie von Harzer und Ruch geht präzise dieser Frageix nach. Und kommt zu einer eindeutigen Antwort: Ja, das ist so! Wenn man Menschen dazu bringt ihre Top-Stärken häufiger und auf neue Art und Weise einzusetzen, dann steigt der Grad zu dem sie ihren Beruf als Berufung ansehen. Eigene Stärken einsetzen können macht Arbeit sinnvoll. Und das ist vollkommen unabhängig von Branche oder Hierarchie.
Die positiven Effekte einer „Die-eigenen-Top-Stärken-häufiger-und-in-neuen-Arten-einsetzen“-Strategie ist ein absoluter win-win-win-win-win. Und das sage nicht nur ich, sondern es ist durch eine Vielzahl von Studien belegt.
Mitarbeiter:innen unterstützen, ihren Beruf zur Berufung zu machen
In erster Linie sind es die Mitarbeiter:innen selber, die ihren Job zu ihrer Berufung machen. Das hat bereits Martin Seligman, der Begründer der positiven Psychologie, festgestelltxiv. Das bedeutet aber nicht, dass das einfach zufällig geschieht.
Unternehmen, Führungskräfte und HR-Abteilungen können und sollten Mitarbeiter:innen unterstützen, ihren Beruf zur Berufung zu machen. Und das ist auch gar nicht so schwer:
- Unternehmen können eine Kultur des Stärken-Fokus etablieren.
- Führungskräfte können für einen Stärken-Aufgaben-Fit bei der Stellenbesetzung sorgen.
- HR kann die Mitarbeiter:innen bei der Selbstreflexion und der Weiterentwicklung der eigenen Stärken unterstützen.
Das generelle Ziel: Mitarbeiter:innen die eigenen Top-Stärken häufiger und in neuen Wegen einsetzen zu lassen. Das kann im Täglichen spontan geschehen. Effektiver ist das Thema langfristig und regelmäßig anzugehen. Zum Beispiel im Rahmen von individuellen Entwicklungsplänen. Eine sehr gute, und durch die Studie von Harzer und Ruch überprüfte, Methode ist das Vorgehen in vier einfachen Schritten:
- Individuelle Top-Stärken erkennen
- Reflexion über die täglichen Aktivitäten bei der Arbeit
- Erfassen von Situationen in denen man seine Stärken nutzen konnte
- Entwicklung eines Wenn-Dann Plans, für den häufigeren und neuen Einsatz der eigenen Top-Stärken.
Dieses Vorgehen hatte bei den Mitarbeiter:innen – unabhängig von Branche und Position – das Gefühl, dass der eigene Job eine Berufung (also sinnvoll) ist, deutlich gesteigert.
TIPP: Mit StrengthFocus mehr Sinn in die Arbeit bringen
Mit StrengthFocus ist es einfach und schnell möglich, die eigenen Top-Stärken zu erkennen und sie dann häufiger und auf neue Art und Weise einzusetzen. Die optimale Voraussetzung, um sich dem Thema Sinn und Berufung zuzuwenden.
Das StrengthFocus-Workbook (kostenloser Download) enthält alle notwendigen Vorlagen und die Anleitung für die Umsetzung eines Vier-Schritte Programms. So kann es ganz einfach und pragmatisch im beruflichen Alltag implementiert werden.
Sinnvolle Arbeit ist in jeder Branche und Position möglich! Und Unternehmen können einiges dafür tun, ihre Mitarbeiter:innen bei der „Sinnsuche“ zu unterstützen. Zum Wohl der Mitarbeiter:innen – aber auch im eigenen Interesse.
Da wir alle eine sinnvolle Arbeit verdient haben… legen wir los!
Herzliche Grüße
Peter
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i Xing Gehaltsstudie 2019 (https://gehaltsstudie.xing.com/) , abgerufen am 03.08.2021
ii Duffy, R.D., Dik,B.J. and Steeger, M.F. (2011). Calling and work-related outcomes: Career commitment as a mediator. Journal of Vocational Behavior, 78, 210-218
iii Hirschi, A., Herrmann, A. (2013). Calling and career preparation: Investigating developmental patterns and temporal precedence. Journal of Vocational Behavior, 83, 51-60
iv Wrzesniewski, A., McCauly, C.R., Rozin, P. and Schwartz, B. (1997). Jobs, Careers and callings: People´s relation to their work. Journal of Research in Personality, 31, 21-33
vIch folge hier der Definition von Leah Weiss, Ph.D. der Autorin von How We Work: Live Your Purpose, Reclaim Your Sanity, and Embrace the Daily Grind
viElangovan, A.R., Pinder, C.C. and McLean, M. (2010). Callings and organizational behavior. Journal of Vocational Behavior, 76, 428 - 400
vii Allen, B.A. and Duffy, R.D. (2014). Examining moderators of signature strength use and well-being: Calling and signature strengt level. Journal of Hapiness Studies, 15, 323-337
viii Harzer, C. and Ruch, W. (2012). When the job is calling: Role of applying one´s signature strength at work. The Journal of Positive Psychology, 7, 362-371
ixHarzer, C. and Ruch, W. (2016). Your strength are Calling: Preliminary Results of a Web-Based Strengths Intervention on Increasing Calling. Journal of Happiness Studies, 17, 2237–2256
x Forest, J., Mageau, G.V., Crevier-Braud, L., Bergeron, L., Dubreuil, P. and Lavigne, H.V. (2012). Harmonnious passion as an explanation of the relation between signature strengths` use and well-being at work: Test of an intervention program. Human Relations, 65, 1233-1252
xi Gander, F., Proyer, R.T., Ruch, W. and Wysse, T. (2013). Strength-based positive interventions: Further evidence on their potential for enhancing well-being and alleviating depression. Journal of Happiness Studies, 14, 1241-1259
xii Mitchell, J., Stanimirovic, R., Klein, B. and Vella-Brodrick, D.A. (2009). A randomised controlled trial of a self-guideded internet intervention promoting well-being. Computers in Human Behavior, 25, 749-760
xiii Qinlan, D., Swain, N. and Vella-Brodrick, D.A. (2012). Character strength interventions: Building on what we know for improved outcomes. Journal of Happiness Studies, 13, 1145-1163
xivSeligmann, M.E.P. (2002). Authentic Happiness: Using the new positive psychology to realize your potential for lasting fulfillment, New York, NY: The Free Press